Leben mit dem Strom bedeutet, die Gesetze des Flusses zu kennen und zu akzeptieren.
Weichselufer bei Płock - Foto: Jutta Dennerlein, 2001
Das Wissen über Drainagekanäle und die Verwendung von Windkraft um überflüssiges Wasser aus den Kanälen zu pumpen, war die Voraussetzung für die Trockenlegung der unter dem Meeresspiegel gelegenen Gebiete im Danziger Werder. Dieses Wissen nutzten auch die Siedler, die weichselaufwärts neues Land aus den überschwemmten Weichselauen gewinnen wollten.
Leben mit dem Strom bedeutet aber auch Leben mit dem Hochwasser.
Die unbefestigte Weichsel führte regelmäßig im Frühjahr und meist nochmals im Sommer Hochwasser.
Besonders gefährlich war das Frühjahrshochwasser, das mit dem Eisgang auf der Weichsel einherging. Die treibenden Eisschollen richteten großen Schaden an, wenn sie aus dem Flussbett getrieben wurden und sie konnten sich zu Barrieren auftürmen, die den Strom an unerwarteter Stelle aufstauten und so alle Vorsorgemaßnahmen zunichte machten.
Überreste des Weichselhochwassers von 2001 - Foto: Jutta Dennerlein, 2001
Das Hochwasser war aber auch willkommen, denn es hinterließ fruchtbaren Schlick auf den Feldern, der den Ertrag des Bodens steigerte.
Die Siedler schützten ihre Häuser, indem sie diese auf künstlichen Hügeln, Wurten genannt, errichteten oder breite Deiche anlegten.
Deich bei Białobrzegi - Foto: Jutta Dennerlein, 2001
Teile der Wiesen im Uferbereich und oft auch die Inseln gehörten zur Allmende, d.h. sie waren Gemeinschaftseigentum der Dorfgemeinschaft und konnten von allen als Weide genutzt werden.
Die Weichsel nahm regelmäßig große Teile der Ufer mit, um sie an anderer Stelle wieder abzulagern. Dies führte immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten, da die deutschen Bauern für die davongetragenen Flächen keine Pacht oder Steuern zahlen wollten. Manchmal versuchten sie, einen Ausgleich zu erhalten, indem sie Anspruch auf die Nutzung des an anderer Stelle angespülten Landes erhoben.