Die Bezeichnung Kämpe wird als Namenszusatz für einige Inseln und einige Ufergebiete der Weichsel gebraucht. Diese Verwendung ist ungewöhnlich, da eine "Kamp" oder "Kämpe" im deutschen Sprachgebrauch eigentlich ein begrenztes Stück Land aber keine Insel ist.
Die Begriffe Kämpe, Kamp oder Camp leitet sich vom lateinischen "campus" ab und bedeuten "flaches Feld". Sie wurden in allen alten niederdeutschen Dialekten aber auch in der holländischen Sprache verwendet. Heute kann man sie in Norddeutschland immer noch als Flurnamen finden.
Die polnische Bezeichnung Kępa bedeutet eigentlich "Büschel" erst als zweite Bedeutung wird Flussinsel genannt. Die Ähnlichkeit in der Aussprache mit dem Wort Kämpe ist auffallend.
Es scheint, dass in Polen nur Inseln in der Weichsel oder im Stettiner Haff, also Gegenden, in denen Holländer oder Deutsche gelebt haben, diesen Namenszusatz tragen. Das sonst verwendete polnische Wort für Meeres- oder Flussinseln ist "wyspa".
Was unterscheidet eine Kämpe also von einer "normalen" Flussinsel?
Dazu muss man zunächst erklären, was man unter einer "normalen" Flussinsel versteht:
Normal ist eine durch Anschwemmung entstandene Insel, also eigentlich eine Sandbank.
Sandbank am Fluss Bzura - Foto: Jutta Dennerlein, 2003
Sandbänke entstehen, verändern immer wieder ihre Lage und vergehen oft nach einigen Jahren oder Jahrzehnten. Sie sind meist nur mit Gras und Sträuchern bewachsen, da der angeschwemmte Sand oder Kies keine größeren Pflanzen zulässt.
Die Kämpen in der Weichsel zeichnen sich dagegen durch ihren Bestand an hohen Bäumen aus!
Die Kępa Tokarska gesehen vom linken Weichselufer bei Płock - Foto: Jutta Dennerlein, 2003
Diese ungewöhnliche Tatsache ist im Jahre 1799 bereits dem preußischen Kammer-Assessor S. G. Borsche beim Blick vom Płocker Hochufer auf die Kępa Tokarska aufgefallen.
Als Hobby-Geologe fand er eine schlüssige Erklärung, die er einem Freund in einem Brief mitteilt: Demnach handelt es sich bei diesen baumbestandenen Inseln nicht um Anschwemmungen, sondern um ehemalige Ufergebiete, die durch den sich ändernden Flusslauf zu einer Insel geworden sind.
Diese Theorie erklärt nicht nur den Bestand an hohen Bäumen, sondern auch die ungewöhnliche Größe mancher Inseln und die Tatsache, dass diese Inseln bebaut werden konnten )*.
Offenbar zeigen die Bäume die Bewohnbarkeit einer Insel an und die Bewohnbarkeit ist das, was eine "Kępa" von einer "Wyspa" unterscheidet.
Borsches Theorie erklärt auch, warum sowohl Uferbereiche als auch Inseln als Kämpe bezeichnet werden, denn ob Uferbereiche zu Inseln werden oder umgekehrt, ist bei einem unbefestigten Strom nur eine Frage der Zeit.
Die folgenden Abbildungen der Kępa Karolinska sollen dies verdeutlichen:
Im Jahre 1839 ist die Kępa Karolinska eine große Insel, die mitten im Fluss zu liegen scheint.
Karte von 1839
Im Jahre 1902, nur 63 Jahre später, ist die Kępa Karolinska immer noch eindeutig eine Insel.
Sie ist aber deutlich näher zum linken Weichselufer gerückt. Nur ein schmaler Flussarm trennt sie noch vom Ufer.
Karte von 1902
Weitere 90 Jahre später, im Jahr 1994, ist sie zu einem Uferbereich geworden.
Nur isolierte Gewässerabschnitte lassen noch die Form der Insel erkennen.
Karte von 1994
Da es sich bei einer Kępa also um abgetrennte oder abgegrenzte Landstücke handelt, ist die Verwendung des Begriffs "Kämpe" für eine Insel vielleicht auch nicht so ungewöhnlich.
Da die Flussufer und Flussinseln der Weichsel zu den ersten Siedlungsgebieten der Deutschen in Mittelpolen gehören, hat sich die Ortsbezeichnung Kępa (ähnlich wie Holendry) vielleicht aus der niederdeutschen Verwendung in die polnische Sprache integriert.
)* In Kanada darf eine Insel nur dann Insel genannt werden, wenn sich auf ihr mindestens ein Baum befindet und nur echte Inseln dürfen bebaut werden. Das Vorhandensein von Bäumen ist also ein Indikator für die Bewohnbarkeit einer Insel.
Sources:
Über die Preußische Verwaltung in Neu-Ostpreußen. Briefe des Kammer-Assessors S. G. Borsche aus Płock 1799-1801, mitgeteilt von Reinhard Lüdicke, Altpreußische Forschungen, Heft 17, 1940
Wikipedia: Insel
Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, Berlin 1993
Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden