Macht ihr nur eine Dokumentation der Friedhöfe oder ist auch mehr geplant?
Eine Liste der Friedhöfe zu erstellen und möglichst viele Informationen über diese Friedhöfe zu sammeln, ist ein erster grundlegender Schritt. Das Ziel ist es zunächst, ein vollständiges Bestandsverzeichnis der Friedhöfe zu erstellen.
Die Unterstützung lokaler Gruppen, die an der Restaurierung des einen oder anderen Friedhofs interessiert sind, ist ebenfalls eine unserer selbstgestellten Aufgaben.
Die Initiative und der größte Teil der Aktivitäten sollte jedoch in der Verantwortung der lokalen Personen liegen und in Abstimmung mit den lokalen Behörden und dem Eigentümer erfolgen.
Wir können dazu beitragen, interessierte Personen zusammen zu bringen, Erfahrungen auszutauschen und wir können mit Ratschlägen aus den bisher gesammelten Erfahrungen und den uns bekannten Ansätzen unterstützend wirken.
Wir können auch mit Informationen über den geschichtlichen Hintergrund der Friedhöfe und mit Auswertungen der Kirchenbücher zu Projekten beitragen.
Beschränkt sich das Cmentarze Projekt nur auf "deutsche" Friedhöfe?
Wir hatten mit alten "evangelischen" oder "deutschen" Friedhöfen begonnen. Inzwischen sammeln wir aber Informationen zu allen alten Friedhöfen, die uns während der Recherche begegnen.
Unsere Datenbank enthält auch katholische, mariavitische, jüdische Friedhöfe und Militärfriedhöfe.
Ich kenne Friedhöfe, die noch nicht auf Eurer Webseite sind. Möchtet Ihr Informationen über diese Friedhöfe oder auch Bilder?
Ja, diese Friedhöfe sind vielleicht auch noch nicht auf unserer Liste. Wenn Sie uns nähere Informationen über die geographische Lage des Friedhofs geben könnten, können wir überprüfen, ob der Friedhof uns bekannt ist oder bereits Aktionen geplant sind.
Bilder sind immer willkommen, ganz besonders dann, wenn wir noch keine anderen Informationen über den Friedhof haben.
In diesem Falle wäre auch eine Karte, auf der der Friedhof oder seiner ungefähre Lage eingezeichnet ist, sehr hilfreich.
Welche Organisation oder Gruppierung steht hinter diesem Projekt und was ist deren Ziel?
Es gibt keine Gruppe oder Organisation hinter diesem Projekt.
UpstreamVistula ist ein Netzwerk von Personen, die an der Geschichte der Gegenden Polens interessiert sind, in denen ihre Vorfahren gelebt hatten.
Das Cmentarze Projekt umfasst ein anderes Netzwerk von Personen, die in unterschiedlichem Maße zu dem Projekt beitragen. Es sind Menschen aus verschiedenen Ländern beteiligt. Die meisten von ihnen haben familiäre Verbindungen zu der Gegend von Mittelpolen oder sie haben Angehörige auf diesen Friedhöfen.
Die Personen aus Polen, die zu diesem Netzwerk beitragen, haben meist gar keine deutschen oder 'Hollaender' Wurzeln. Sie sind an der Geschichte ihrer Heimat interessiert und sie möchten etwas für die vernachlässigten Friedhöfe tun.
Warum gibt es so viele Friedhöfe und warum liegen sie nicht alle neben der Kirche, wie es bei den alten katholischen Friedhöfen der Fall ist?
Die meisten Dörfer hatten ihre eigenen Friedhöfe. Viele dieser Begräbnisplätze sind sehr viel älter als die meisten der evangelischen Gemeinden in dieser Gegend. Die evangelischen Gemeinden wurden größtenteils erst zur Zeit der preußischen Besiedlung (also 1800 und später) gegründet.
Die Menschen, die bereits viel früher in diesen Dörfern gelebt haben, waren nicht unbedingt Evangelische. Sie waren Mitglieder unterschiedlichster Sekten, wie Anabaptisten oder Menoniten. Sie durften (und wollten) ihre Toten nicht auf den katholischen Friedhöfen begraben. Deshalb entstanden viele einzelne Begräbnisplätze.
Nicht alle Dörfer hatten eine Kirche. Meist gab es ein unscheinbares hölzernes Bethaus, das auch als Schulhaus für die Konfessionsschule diente. Die Friedhöfe lagen nicht unbedingt in der Nähe dieser Bethäuser. Und wenn doch, so sind die Bethäuser heute oft nicht mehr erhalten und nur der Friedhof hat die Zeit überstanden.
Werden alle auffindbaren Inschriften notiert?
Auf den alten Friedhöfen, die nicht mehr im Gebrauch sind, notieren wir alle Inschriften, die wir finden können.
Auf Friedhöfen, die noch im Gebrauch sind, wie in Lipno, Rypin oder Chodecz, notieren wir die Inschriften von älteren (vor 1945) Grabsteinen. Von neueren Grabsteinen, mit deutschen Namen, machen wir nur einige Fotos als Beispiele, um den Gesamteindruck des Friedhofs wiederzugeben. Wir denken, dass einige der Familien, die in Polen leben, ihr Familiengrab vielleicht nicht so gerne auf einer Internetseite über deutsche Ahnenforschung sehen möchten.
Warum wurde der Friedhof, auf dem meine Vorfahren begraben sind, noch nicht wieder in Stand gesetzt?
Sinnvolle Maßnahmen für die alten Friedhöfe in Polen sind nicht so einfach umsetzbar, wie es erscheinen mag.
Die alten Friedhöfe in Polen sind kein rechtsfreier Raum.
In jedem Fall sollte der Eigentümer des Friedhofsgeländes involviert werden. Für einige der alten Friedhöfe scheinen die Eigentumsverhältnisse unklar zu sein. In diesen Fällen ist die Verwaltungsgemeinde (gmina) für den Schutz der Friedhöfe zuständig.
Einige Pflanzen (Bäume) auf den Friedhöfen können als Naturdenkmäler eingestuft und geschützt sein.
Die Fliedersträucher an der Oberfläche abzuschneiden, führt dazu, dass die Wurzeln danach nur noch dichter austreiben. Dies ist also keine dauerhafte Lösung. Die nicht mehr beschattete Fläche des Friedhofs wird zudem schnell von anderen Pflanzen, wie z.B. Brombeeren, überdeckt. Der Zugang zu dem Friedhof ist dann noch schwerer als vor der Rodeaktion.
Es dürfen keine Grabungen erfolgen (um z.B. die Wurzel des Flieders teilweise zu entfernen). Grabungen könnten sehr schnell Knochen und andere menschliche Überreste zu Tage fördern, da während der letzten Tage des Zweiten Weltkrieges die Friedhöfe oft zu improvisierten Bestattungen in sehr flachen Gräbern genutzt wurden.
Bevor irgendeine Maßnahme für einen Friedhof ergriffen wird, sollte ein detaillierter Plan des Friedhofs und eine Dokumentation des Ist-Zustandes angefertigt werden. Durch Untersuchungen vor Ort und durch historische Nachforschungen sollten Informationen über die ursprüngliche Form und Ausstattung des Friedhofs gesucht werden. Mit diesen Informationen sollte ein Leitplan für diesen Friedhof erstellt werden, der alle Interessengruppen berücksichtigt, die Schutzmaßnahmen und deren Finanzierung definiert und eine Lösung für die dauerhafte Fortführung der Erhaltungsmaßnahmen aufzeigt.
Ein Friedhof ist ein Gegenstand des öffentlichen Interesses. Da fast alle Friedhöfe sehr viel älter als 100 Jahre sind, sind sie sicherlich auch ein Gegenstand des polnischen historischen Erbes. Aus diesem Grund sollten alle Friedhöfe formell unter Denkmalschutz gestellt werden, bevor irgendwelche Erhaltungsmaßnahmen diskutiert werden.
Ein unter Denkmalschutz stehendes Friedhof kann nicht ohne die Genehmigung des Wojewódzki Konserwator Zabytków resaturiert oder verändert werden.