Die Neuveröffentlichung von Aufsätzen, die in einer von politischen Extremen geprägten Zeit entstanden, wirft grundsätzliche Fragen auf.
Ist es politisch korrekt, einseitig deutsche Darstellungen über die deutsche Volksgruppe in Polen neu aufzulegen und an ein breites Publikum zu verteilen?
Wird so nicht wieder genau denjenigen das Wort erteilt, die im fraglichen Zeitraum als Deutschtumsführer ohnehin die lautesten Stimmen hatten?
Rechtfertigt der historisch und genealogisch interessante Gehalt der Schriften die Neuverbreitung geförderter Sichtweisen und kaum verhüllter Propaganda?
All diese Fragen lassen sich letztendlich auf die Frage reduzieren:
Sind die Leser dieser Website mündig und sensibel genug, die Dokumente in den geschichtlichen Zusammenhang zu stellen und dementsprechend zu interpretieren?
Diese Frage wurde grundsätzlich mit ja beantwortet.
Warum Albert Breyer?
Unter den zahlreichen Aufsätzen und Büchern über das "Deutschtum in Polen" fallen die Arbeiten von Albert Breyer immer irgendwie angenehm auf.
Dies scheint zunächst darin begründet zu sein, dass Breyers Thema das wenig erforschte Mittelpolen ist. Auch sind Breyers Arbeiten durch die sehr sparsame Verwendung des einschlägigen Deutschtums-Jargons heute noch gut lesbar.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass es die Detailgenauigkeit und die fachübergreifende Betrachtungsweise sind, die überzeugen.
Diese durchgängige Eigenart der Arbeiten Albert Breyers ergibt sich aus der Verwendung einer Vielzahl unterschiedlichster Quellen. Nur durch diese mühsam akkurate Arbeitsweise gelingt es Breyer, der Eigenart und Vielfalt der ethnisch deutschen Volksgruppe Mittelpolens und ihrer Entstehungsgeschichte gerecht zu werden.
Immer wieder gelingt es dem Lehrer Albert Breyer die gewachsenen und komplexen Zusammenhänge in sprachlich einfacher Form darzustellen und zu vermitteln.
Eine Anmerkung über Breyers Tod als Reserveoffizier der polnischen Armee zu Beginn des Zweiten Weltkrieges, weckte bei mir schließlich die Neugierde auf den Mensch Albert Breyer und führte zu einer intensiveren Beschäftigung mit Leben und Werk des sensiblen Forschers.
Nachhaltig beeindruckend war dabei der Einblick in den Nachlass Albert Breyers:
Notizen zu Gesprächen mit Menschen, denen er auf seinen Wanderungen begegnet war, in der Originalsprache festgehaltene Extrakte aus Kirchenbüchern und Gerichtsakten, Korrespondenz mit Lehrern, Kantoren und Pastoren aus ganz Mittelpolen und nicht zuletzt Skizzen und Zeichnungen von Landschaften und architektonischen Details.
In all dem spiegelte sich der vielseitige Mensch und akkurate Forscher wieder, der sich auch schon in den veröffentlichten Schriften abgezeichnet hatte.
Die Arbeiten Albert Breyers gewinnen zudem an Relevanz, da viele der von ihm ausgewerteten Quellen heute nicht mehr verfügbar sind.
Das Leben und Wirken Albert Breyers ist aber auch geprägt durch die Zeitumstände zwischen 1919 und 1939 und durch seine Eigenschaft als ethnisch Deutscher Pole.
Es ist deshalb auch die Lebensgeschichte Albert Breyers, die den heutigen Forschern das Zeitgeschehen zwischen den Weltkriegen und die Tragik der Entwicklungen um die ethnisch Deutschen in Polen nahe bringen kann.