Der Lebenslauf Albert Breyers spiegelt deutlich die bewegten Zeiten der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts wieder.
Beeindruckend ist in Breyers Leben aber auch die Beharrlichkeit, mit der er die Laufbahn des Lehrers verfolgt und durch ständige Weiterbildung vervollkommnen kann.
2. Jan 1889
Albert Breyer wird in Żyrardow, Kreis Blonie als Sohn des Gustav Ferdinand Breyer und dessen Ehefrau Berta Schön geboren (russische Urkunden geben das Geburtsdatum nach dem Julianischen Kalender mit 21. Dezember 1888 an).
Besuch der Volksschule in Żyrardow.
bis 1905
Besuch und Abschluss der Zirklerschen Handelsschule in Łódź.
1906
Volksschullehrerprüfung an der 4-klassigen Alexanderschule in Tomaszew.
Darauf folgt die Tätigkeit Alber Breyers als Lehrer und Kantor in deutschen Dörfern bei Łódź.
1906 - 1908
Lehrtätigkeit an einer privaten 2-klassigen Schule in Koluszki.
1909 - 1910
Lehrer an der von K. Weigelt gegründeten privaten 2-klassigen Schule in Łódź.
1911 - 1913
Hauptlehrer an der öffentlichen Dorfschule in Leosin, Kreis Brzeziny.
Ca. 1912 schliesst Albert Breyer das deutsche Lehrerseminar ab.
Der Vater, Gustav Ferdinand, belohnt den Abschluss mit einer Reise auf die Krim. Albert Breyer tritt die Reise gemeinsam mit seinem späteren Schwager Julius Raths an.
1914
Einberufung Albert Breyers zur zaristischen Armee und Beginn einer Offiziersausbildung an der St. Petersburger Kadettenanstalt.
1915 - 1916
Tätigkeit an der Schule der deutsch-evangelischen Gemeinde in St. Petersburg.
1916
Heirat von Albert Breyer und Adele Raths in St. Petersburg.
bis 1917
Breyer absolviert das deutsche St. Petersburger Lehrerinstitut und erwirbt sich die Lehrbefähigung als Mittelschullehrer.
Das erste von Breyers drei Kindern wird in St. Petersburg geboren.
Russische Freunde verhindern einen Fronteinsatz Albert Breyers im 1. Weltkrieg auf russischer Seite.
Einer dieser russischen Freunde nimmt Albert Breyer zu einer Reise nach Archangelsk am Weißen Meer mit. Dort entstehen Kontakte zu dem russischen Verein der Narodniki, einer völkisch-sozialrevolutionären Bewegung mit sozialistischen Landkommunen. Russische Intellektuelle leben in diesen Kommunen als einfache Landarbeiter.
Noch in St. Petersburg kommt Breyer über die von Adolf Eichler herausgegebene Monatsschrift "Geistiges Leben" mit den Gedanken der Lodzer deutschen Aktivisten in Kontakt .[1]
1917 - 1918
Während der Russischen Revolution hält sich Albert Breyer mit seiner Familie in Chakow auf.
1918 - 1919
Nach seiner Rückkehr nach Polen nimmt Breyer eine Tätigkeit an der dem deutsch-evangelischen Landesschulverband in Polen gehörenden Volksschule in Brzeziny auf.
1918
Breyer kommt in Kontakt mit Adolf Eichler, der Breyers politisches Engagement und dessen Forschungsarbeit stark prägt.
Mitgliedschaft im "Deutschen Lehrerverein". Breyer engagiert sich für die Erhaltung des deutschen Landesschulverbandes in Łódź.
1920
Im polnisch-sowjetischen Krieg um die polnische Ostgrenze meldet sich Breyer als Freiwilliger in die polnische Armee.
1919 - 1925
Tätigkeit an der Mittelschule des Deutschen Gymnasial-Schulvereins in Zgierz bei Łódź. Er unterrichtete die Fächer Naturkunde, Geographie, Propädeutik der Physik, Chemie sowie Zeichnen.
Nach der Auflösung des von Eichler begründeten Schulverbandes und des Deutschen Vereins bleibt Breyer im Kontakt mit Adolf Eichler. Dieser macht von Ostpreußen aus weiterhin seinen Einfluss geltend. So angeleitet "befruchtet" Breyer von Zgierz aus die "getarnte deutsche Bewegung, die in Lodz immernoch ihren Mittelpunkt besass"[2].
Breyer beteiligt sich an der Gründung des "Deutschen Volksverbandes" und bei der Gründung und Herausgabe der Zeitschrift "Volksfreund".[3]
Breyer veröffentlicht in dieser Zeit zahlreiche Artikel im "Volksfreund" und in der Lodzer freien Presse.
Breyer beteiligt sich an den Bestrebungen, als Gegenpol zu der stark polnisch geprägten Kirchenleitung der evang.-augsburgischen Kirche in Polen eine evangelisch-lutherische Freikirche mit ausgeprägt deutschem Charakter zu gründen.
1925
Durch diese exponierte politische Tätigkeit verliert Breyer seine Stellung an der Schule in Zgierz.
1926 - 1934
Tätigkeit an der 6-klassigen "Deutschen Schule für Knaben und Mädchen Emil Kaschubes" in Sompolno, Kreis Koło. Diese Schule, zu der auch ein von Pastor Bierschenk geleitetes Schülerheim gehört, gilt als "ein bedeutender geistiger Mittelpunkt des Deutschtums"[4] in Polen.
Seine volkskundlichen Forschungen erwecken "bald die Aufmerksamkeit der reichsdeutschen fachwissenschaftlichen Kreise" [5].
Ab 1927 erfolgen erste Veröffentlichungen in "Deutsche Blätter in Polen", einer Beilage der von Hermann Rauschning und Alfred Lattermann herausgegebenen Zeitschrift "Deutsche Wissenschaftliche Zeitschrift für Polen".
1928 - 1929
Breyer erlangt durch Hochschul-Prüfungen in Krakau und Warschau die Qualifikation zum Gymnasiallehrer.
1928
Breyer trifft Walter Kuhn, der sich zu dieser Zeit mit dem Deutschtum Wolhyniens beschäftigt. Die Begegnung führt zu einem regen Austausch der beiden Volkstumsforscher.
nach 1929
Breyer entwickelt eine ausgedehnte Wandertätigkeit, die ihn durch das Dobriner Land, die Weichselniederung, die Kujawische Seenplatte, das Kalischer Land, den Warthebruch und das Łódźer Industriegebiet bis nach Petrikau führt.
Auf diesen Wanderungen sammelt Breyer durch Gespräche mit Pastoren, Lehrern und der ländlichen Bevölkerung sowie durch die Auswertung der Schulzenladen und der Kirchenbücher Informationen für seine Forschungen, die er später auch durch Arbeiten in den Warschauer Archiven ergänzt.
In Verbindung mit Erd- und Naturkundlichen Beobachtungen sowie Überlegungen zu volkskundlichen Merkmalen, Siedlungs- und Hausformen entstehen so die für Breyers späte Arbeiten typischen detaillierten, vielschichtigen und schlüssigen Erkenntnisse über die Herkunft der deutschen Siedler in Mittelpolen.
Ab 1930 erscheinen Artikel von Albert Breyer in der von Hermann Rauschning und Alfred Lattermann herausgegebenen Zeitschrift "Deutsche Wissenschaftliche Zeitschrift für Polen".
Ab 1934 erscheinen umfangreichere Artikel Breyers in den von Alfred Lattermann und Viktor Kauder herausgegebenen Zeitschrift "Deutsche Monatshefte in Polen".
1934
Das Gymnasium in Sompolno wird von der polnischen Verwaltung in eine private deutsche Volksschule umgewandelt, deren Leiter Albert Breyer wird.
In diesem Jahr erscheint Kurt Lücks "Deutsche Aufbaukräfte in der Entwicklung Polens". Aufgrund eines Schwächeanfalls war Kurt Lück für die Fertigstellung dieses Werkes auf die Hilfe anderer Forscher angewiesen. Albert Breyer wirkte massgebend an dem Kapitel "Die Entstehung der deutschen Industrie in Polen, vor allem in Kongresspolen" mit.
Während seiner Tätigkeit in Sompolno engagiert sich Breyer wieder stark in den Auseinandersetzungen um das neue Kirchengesetz.
Breyer muss sich wegen "Verächtlichmachung" des neuen Kirchengesetzes vor Gericht verantworten. Das Verfahren endet mit einem Freispruch.
1937
Breyer verliert seine Stellung als Schulleiter in Sompolno. Die polnischen Behörden entziehen ihm wegen "politischer Unzuverlässigkeit" die Lehrerlaubnis.
Albert Breyer wird vom Deutschen Auslands-Institut in Stuttgart mit der Silberplakette ausgezeichnet.
Okt 1938
Nach erfolglosen Versuchen, die Lehrerlaubnis zurück zu erhalten zieht Breyer nach Posen, um dort an der "Deutschen Bücherei" bei Kurt Lück tätig zu werden.
In den Jahren 1938 und 1939 erscheinen zahlreiche Veröffentlichungen von Breyer in den "Deutschen Monatsheften in Polen" und der "Deutschen wissenschaftlichen Zeitschrift für Polen". Die Geschichte von Sompolno und Umgegend erscheint als ein Heft der von Alfred Lattermann und Kurt Lück herausgegebenen Serie "Unsere Heimat".
Sep 1939
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wird Breyer als Reserveoffizier zum polnischen Militär einberufen. Breyer wird verwundet und stirbt am 11. September 1939 in einem Warschauer Lazarett.
1940
Albert Breyer erhält postum den Copernicus-Preis der J.W. Goethe-Stiftung.
Das Preisgeld von 5000 RM soll "dem ältesten Sohn Breyers, Richard Breyer, dienen, um diesem das Studium und die Auswertung des umfangreichen Nachlasses seines Vaters zu ermöglichen"[6].
[1] Eichler, Adolf: Deutschtum im Schatten des Ostens, S. 400
[3] Breyer, Richard: Albert Breyer 1889-1939, S. 49
[4] Breyer, Richard: Albert Breyer 1889-1939, S. 49
[5] Eichler, Adolf: Deutschtum im Schatten des Ostens, S. 401
[6] Zimmermann, Jan: Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935-1945, S. 516
Quellen der Biographie:
Kuhn, Walter: Albert Breyer, in: Deutsche Monatshefte, Jahrgang 6(16), Heft 5/6, November/Dezember 1939
Koßmann, Eugen Oskar: Albert Breyer, in: Jomsburg - Völker und Staaten im Osten und Norden Europas, Vierteljahresschrift Leipzig; Jahrgang 3 (1939), 3/4
Eichler, Adolf: Albert Breyer. Zum Gedächtnis an den deutschen Kämpfer im Osten, in: Deutsche Post aus dem Osten, Arbeitsgemeinschaft von Vereinen deutscher Kolonisten aus der Ukraine und Polen, Jg. 12, Nr. 1, Berlin, Januar 1940
Eichler, Adolf: Deutschtum im Schatten des Ostens, Ein Lebensbericht, Dresden 1942
Breyer, Richard: Albert Breyer 1889-1939, Lehrer und Volkstumsforscher; in: Von unserer Art. Vom Leben und Wirken deutscher Menschen im Raum von Weichsel und Warthe; herausgegeben von Fritz Weigelt, Wuppertal, 1963
Breyer, Richard: Breyer, Albert Schulmann und Siedlungsforscher, in: Ostdeutsche Gedenktage 1989, S.9-11 , Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Bonn
Zimmermann, Jan: Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935-1945, Toepfer-Stiftung F.V.S., Hamburg, 2000
Persönliche Dokumente aus dem Nachlass Albert Breyers.
Informationen, die mir freundlicherweise von der Familie Breyer gegeben wurden.